Intensivmedizin
Die Behandlung von Menschen mit akuten schweren Erkrankungen erfordert Fachwissen, Erfahrung und eine optimale technische Ausstattung. Unsere interdisziplinären Intensivstationen in Heiligenstadt und Reifenstein verbinden all das mit menschlicher Zuwendung, Pflege und Zeit. Beide Stationen erfüllen die Voraussetzungen für die sogenannte intensivmedizinische Komplexbehandlung, was u. a. eine ständige Anwesenheit von intensivmedizinisch erfahrenen Ärzten sicherstellt.
Unsere Stationen stehen unter anästhesiologischer Leitung. Am Standort Reifenstein stehen für intensivmedizinische Versorgungen 8 Bettenplätze und am Standort Heiligenstadt 14 Bettenplätze zur Verfügung. Das Behandlungsspektrum der Intensivstationen ist an den jeweiligen Fachdisziplinen unserer Standorte ausgerichtet: Die Behandlung in Reifenstein umfasst vorwiegend operative Intensivmedizin (Allgemein- und Viszeralchirurgie, Urologie), während in Heiligenstadt sowohl operative Intensivmedizin (Unfallchirurgie / Orthopädie, Gynäkologie / Geburtshilfe) als auch konservative Behandlungen (Kardiologie, Gastroenterologie, Hämatologie / Onkologie) angeboten werden.
Wann auf die Intensivstation?
Auf der Intensivstation werden Patient*innen mit lebensbedrohlichen Erkrankungen z. B. nach geplanten oder ungeplanten (Notfall-) Operationen, Herzkatheteruntersuchungen oder Endoskopien überwacht und behandelt.
Auch schwere Infektionen (Sepsis) erfordern oft eine intensivmedizinische Versorgung. Diese beinhaltet eine ununterbrochene Überwachung der Herzfunktion, der Kreislaufwerte und der Sauerstoffversorgung des Gewebes während des gesamten Aufenthaltes, die nach Bedarf um weitere Parameter wie Temperatur, Urinproduktion, Herzzeitvolumen und diverse Laborparameter ergänzt wird.
Beatmung bei Störungen der Lungenfunktion
Auf unseren Stationen können wir bis zu 15 beatmete Patienten gleichzeitig mit modernsten Beatmungsgeräten und in allen Eskalationsstufen wie folgt behandeln:
- High-flow-Sauerstofftherapie
- Nichtinvasive Beatmung über Maske oder Beatmungshelm
- Invasive Beatmung über einen Endotrachealtubus oder eine Trachealkanüle
- Fiberoptisch unterstützte Punktionstracheotomie bei erforderlicher Langzeitbeatmung
- Protokollarisch geführter und standardisierter Therapieablauf zur Beatmungs-Entwöhnung (Weaning) für bestmögliche Erfolge
Kann eine Sauerstoffversorgung über das Beatmungsgerät nicht mehr sichergestellt werden, diskutieren wir mit den Kollegen eines ECMO-Zentrums (Göttingen, Kassel) die Möglichkeit eines extrakorporalen Lungenersatzverfahrens. Bei gegebener Indikation wird dann in der Regel noch auf unserer Station die ECMO (künstliche Lunge) angeschlossen und nach Stabilisierung der Sauerstoffversorgung die Verlegung in das entsprechende Zentrum eingeleitet.
Dialyse bei Nierenerkrankungen
Ein häufiges Krankheitsbild in der Intensivmedizin ist das akute Nierenversagen, welches zwar in der Regel vorübergehend ist, aber dennoch zeitweise eine Dialyse erforderlich macht. Dafür stehen uns die kontinuierliche Dialyse und in Kooperation mit einer nephrologischen Praxis auch die Intervalldialyse zur Verfügung.
Traumaversorgung
Patient*innen mit Mehrfachverletzungen (Polytrauma) nach Unfällen im häuslichen Bereich oder Straßenverkehr behandeln wir im Rahmen des Traumanetzwerkes als regionales Traumazentrum. Dabei begleiten und koordinieren wir die Schockraumversorgung nach der Übergabe durch den Rettungsdienst, die erste operative Versorgung lebensbedrohlicher Verletzungen und die weitere intensivmedizinische und operative Versorgung in enger Kooperation mit unserer Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie unserer Viszeralchirurgie. Patient*innen mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma werden nach Stabilisierung umgehend an ein überregionales Traumazentrum (Universitätsmedizin Göttingen, Klinikum Kassel) mit der Möglichkeit komplexer neurochirurgischer Versorgung verlegt.
Intensivmedizinische Überwachung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Patient*innen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden in enger Kooperation mit unserer Kardiologie versorgt. Dabei koordinieren wir die zeitgerechte Koronarangiographie mit der intensivmedizinischen Therapie eines kardiogenen Schocks oder der speziellen Post-Reanimationstherapie (Temperaturmanagement, Rhythmuskontrolle, invasives Kreislaufmonitoring, differenzierte Katecholamintherapie) in täglichen interdisziplinären Visiten.
- Überwachung nach Herzinfarkt, Lungenembolie oder nach überlebtem Herz-Kreislauf-Stillstand
- Behandlungen nach den jeweiligen internationalen Leitlinien
- Enge Zusammenarbeit mit der Kardiologie
Begleitende Maßnahmen
Nach einem täglich individuell für unsere Patient*innen erstellten Therapieplan werden verschiedene Maßnahmen umgesetzt. Dabei kann es sich um eine rein medikamentöse Unterstützung verschiedener Körperfunktionen handeln, aber auch um technische Organersatzverfahren wie z. B. Dialyse oder Beatmung.
Ergänzt wird diese Überwachung und Therapie durch die Intensivpflege und Lagerungstherapie sowie eine täglich neu abgestimmte physiotherapeutische Behandlung.
Intensivmedizin ist eine sehr dynamische Aufgabe, oft auf einem schmalen Grat zwischen Leben und Tod. Manchmal müssen wir mit unseren Patient*innen und Angehörigen darüber sprechen, wie weit unsere therapeutischen Anstrengungen gehen sollen und wo das Lebensende trotz aller Bemühungen nicht mehr abzuwenden ist oder ein Überleben der akuten Erkrankungen nicht mehr lebenswert erscheint. Für solche Gespräche nehmen wir uns viel Zeit, denn sie sind von besonderer Tragweite.
Im Mittelpunkt für unseren Behandlungsauftrag steht immer der eigene Wille.
Wenn nach einem oder mehrerer solcher Gespräche der Moment gekommen ist, an dem sich die Therapie auf eine Linderung von Schmerzen und Luftnot und anderer Leiden beschränken soll, setzen wir auch das mit demselben Engagement um, wie die Therapie vor diesem Punkt. Wenn sich noch ein Verlauf von Tagen oder Wochen abzeichnet und die körperliche Verfassung es zulässt, koordinieren wir die weitere medizinische Betreuung z. B. auf der Palliativstation in Reifenstein. Auf Wunsch begleitet unsere Klinikseelsorge Patient*innen und Angehörige auch direkt auf der Station auf diesem letzten Weg, der wie man oft sagt, ja auch Erlösung sein kann.